Samstag, 18. Mai 2013

Hin und weg VI: La Rioja Alavesa

Ein kleines Eck der spanischen Weinregion Rioja gehört zum Baskenland: Die Rioja Alavesa (baskisch: Arabar Errioxa) ist ein kleiner Zipfel im Norden der Region, der zwischen dem Rio Ebro und zwei beeindruckenden Gebirgskämmen liegt. Von Bilbao sind es weniger als 120 Kilometer dorthin, ein Kurztrip, der sich nicht nur im Herbst lohnt, wenn die Rebhänge in voller Farbenpracht stehen.





  Empfehlenswert ist die Anfahrt über Vitoria-Gasteiz, die Hauptstadt der baskischen Provinz  Álava. So bleibt man zwar kurz im innerstädtischen Verkehr stecken, erreicht La Rioja dafür aber über eine charmant geschwungene Passstraße. Die A-2124 führt nämlich über den Puerto de la Herrera (puerto=Pass) direkt auf den "Balcón de la Rioja". Dort hat man nicht nur eine gigantische Aussicht und einen perfekten Überblick über das weite Hügelland der Rioja mit seinem Flickenteppich aus Weinbergen, Feldern, kleinen Dörfern und Wäldchen. Man kann auch prächtig beobachten, weshalb die Gebirgskämme der Sierra de Cantabria und der Sierra de Toloño, die die Rioja Alavesa im Norden begrenzen, als Wetterscheide zwischen dem Baskenland und der Rioja fungieren.

Charmante Dörfer liegen auf dem Weg - und mittendrin futuristische Architektur, die einem irgendwie bekannt vorkommt. Na klar, Frank O. Gehry, Architekt des Museo Guggenheim in Bilbao, wurde im kleinen Ort Elciego engagiert, um dort den Neubau des Weingutes Marques de Riscal, der zweitgrößten Bodega der Region zu planen. "Cuidad Del Vino" heißt der Komplex, also Stadt des Weins. Die schieren Ausmaße jedenfalls sind beeindruckend: Etwa 100.000 qm groß ist deren Fläche.

Der im Jahr 2006 eröffnete Gehry-Bau beherrscht das Weingut, das ansonsten in alten Gemäuern untergebracht ist. Die unterschiedlichen Farben der Titanplatten sollen für die Farben einer Weinflasche stehen, das Rot - natürlich - für den Wein. Im Innern befindet sich ein Hotel.
Im Keller geht es schnörkelloser und effizient zu: Kein Wunder, das 1858 gegründete Traditionsweingut Marques de Riscal verkauft ca. neun Millionen Flaschen Wein pro Jahr, viel davon auch nach Deutschland. Edelstahlfässer und ein hochgerüsteter Kontrollraum lassen zunächst keine Bodega-Romantik aufkommen.




Anders jedoch in den riesigen alten Gewölbekellern unter der Stadt des Weines. Dort lagern im Dämmerlicht und bei gleichbleibenden Temperaturen hunderte Fässer aus amerikanischer Eiche (die etwa 300 Euro das Stück kosten). Edlere Tropfen werden in barrica aus französischer Eiche abgefüllt, die zu einem Stückpreis von etwa 1000 Euro zu haben sind. Während seiner mehrjährigen Lagerzeit wird ein Wein mehrmals umgefüllt und die Fässer dazwischen immer wieder gereinigt. Nach spätestens acht Jahren werden die Eichenfässer ausgemustert und weiterverkauft - beispielsweise an schottische Whiskeybrennereien. 









In einem Bereich des Gewölbes lagern tausende staubige, mit Spinnenweben überzogene Flaschen. Von jedem Jahrgang seit 1862 werden hier einige Flaschen aufbewahrt: "Das ist unser heiliger Ort, unser Tresor," sagte die Führerin unserer Besuchergruppe. Eine solch' komplette Kollektion sei jedenfalls einzigartig in der Welt des Weines.
Übrigens: Eine Führung samt Weinprobe kostet 10 Euro für einen Erwachsenen.



Weinbau ist natürlich auch sonst das beherrschende Thema der Region - rund 320.000 Menschen leben in der gesamten Rioja, etwa 11.500 im baskischen Teil. Hauptort der Rioja Alavesa ist Laguardia - ein mittelalterlich anmutendes Städtchen mit Stadtmauer, kleinen Gässchen, einer Festung und vielen einladenden Bars. Unter der Stadt befindet sich ein Netz jahrhundertealter Gewölbekeller und Gänge, die als Vorratsräume und Weinkeller genutzt wurden und werden. Nach eigenen Angaben produziert der Ort 12 Millionen Liter Wein im Jahr - unter den örtlichen Weingütern sind auch viele kleine traditionelle Betriebe wie die Bodegas Carlos San Pedro Pérez de Viñaspre, die wir leider an dem einen Tag nicht besuchen konnten (Führung: Vier Euro). Dort werden, so versicherten uns Freunde, die Trauben noch mit der Mistgabel gewendet.



Gut essen kann man übrigens im Restaurant La Posta am Stadtrand. Die Speisekarte hat eine gute regionale Auswahl, die Aussicht durchs Panoramafenster auf die Tankstelle kann man dabei ruhig in Kauf nehmen: Das Menu kostet 22 Euro, die Portionen sind erstaunlich groß - und wirklich gut! In Laguardia zahle man deutlich mehr für ähnliche Qualität. Klar, für den Flair des Städtchens wird eben ein Aufschlag fällig.


Ist aber alles kein Problem: Nach dem Essen kann man das Defizit an schönen Ausblicken mit einem Spaziergang durch die nah gelegenen engen Gassen von Laguardia wieder ausgleichen.


Am Ende wartet wieder eine Traumstraße:

Und ganz zum Schluss, wieder jenseits der Sierra kurz vor Vitoria-Gasteiz, steht Sonntagsnachmittags gerne auch mal die Guardia Civil und macht Alkoholkontrollen . . .

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